Es gibt unfassbar viele Datenpunkte, die man nutzen kann

Das Kasseler Unternehmen ÖkoVision ist eine Ausgründung aus dem wissenschaftlichen Umfeld der Universität Kassel. Es hat sich auf die Identifizierung und Nutzung von Energieeinsparpotenzialen für Unternehmen spezialisiert und setzt dazu eine KI-gestützte Softwarelösung für das Energiemanagement ein.

2023 siegte die ÖkoVision GmbH beim Gründerpreis Promotion Nordhessen in der Kategorie „Innovative Gründungen„. Kurz darauf wurde ÖkoVision auch Mitglied im Arbeitgeberverband HESSENMETALL Nordhessen. In unserer Reihe „CEO im Interview“ sprechen wir mit Geschäftsführer Jonas Meister.

Geschäftsführer Jonas Meister

Vom Supermarkt in die Industrie

Jonas, wir haben uns kennengelernt beim Gründerwettbewerb Promotion Nordhessen – den ihr in diesem Jahr gewonnen habt. Wie habt ihr angefangen, wie hat sich die Idee entwickelt?

Wir waren natürlich sehr glücklich damals, weil ich wirklich nicht davon ausgegangen war, dass wir gewinnen würden. Wir sind dort mit der Idee gestartet, das Energiemanagement in Supermärkten zu optimieren. Zunächst vorzugsweise mit der Edeka, da deren Märkte dezentral organisiert sind und meist von einem Kaufmann geführt werden, der für Strom- und Energiekosten selbst verantwortlich ist.

Wir geben den Kunden ein Managementtool an die Hand, mit dem sie nicht nur Strom oder auch andere energetische Themen wie Gas überwachen können. Sie erhalten daraus auch Handlungshinweise, weil sie in diesem Bereich natürlich keine Profis sind. Wir zeigen konkret auf, was sie wo wirklich machen können, um Strom einzusparen. Und da sind wir schnell bei zweistelligen Zahlen im prozentuellen Bereich.

Das war die Idee, mit der wir gestartet sind – damit arbeiten wir auch nach wie vor. Aber wir haben uns auch weiterentwickelt, weil es schnell direkt Anfragen aus der Industrie und anderen Bereichen gab.

ÖkoVision: Kernteam besteht aus drei Personen

Gehen wir einen Schritt zurück: Ihr seid eine Ausgründung aus der Universität Kassel. Du hast ÖkoVision mit einem Schulfreund gestartet, mit Alexander Bock. Seid ihr immer noch befreundet?

Ja, auf jeden Fall. Es ist natürlich jetzt eine etwas andere Situation, weil noch eine geschäftliche Ernsthaftigkeit hinzugekommen ist. Aber das passte damals schon gut: Er brauchte jemanden, der vielleicht nicht ganz so detailverliebt ist wie er selbst. Ich jemanden, der detailverliebter ist, als ich es bin. Er ist Naturwissenschaftler, ich komme aus dem Kaufmännischen, deswegen hat das für eine Gründung sehr gut gematcht.

Im Kernteam ist mit Mara Libralon noch eine Umweltingenieurin dabei, die richtig brennt für das ganze Thema Nachhaltigkeit und Energiemanagement, vor allem auch im Bereich Co2-Bilanzierung und ESG-Kriterien. Damit ist sie die perfekte Ergänzung zu uns beiden.

Ich empfinde es als ganz große Freiheit, ein Unternehmen aufbauen zu können, das mit den eigenen Werten und Vorstellungen kompatibel ist.

Jonas Meister, Geschäftsführer der Ökovision GmbH

Als ihr Sieger bei Promotion Nordhessen wurdet, gab es euch bereits eine Weile. Wann hattet ihr die Idee, eine Firma zu gründen?

Alexander und ich hatten immer mal wieder Ideen, aber das hat sich nie verfestigt. Doch dann sind wir durch ein Modul an der Universität Kassel mit Prof. Dr. Hesselbach, Innovationsberater Stefan Roetzel (Science Park GmbH) und Mark Junge (Limón GmbH) mehr in Richtung unternehmerische und Ideenentwicklung geleitet worden – und daraus hat sich unsere Geschäftsidee nach und nach entwickelt.

Gefördert durch Gründungsstipendium EXIST

Jetzt gibt es die Firma – und ihr habt auch eine Förderung durch das Gründungsstipendium EXIST erhalten. Wie hilft euch das?

EXIST ist ein Bundesstipendium, das uns über zwölf Monate insofern unterstützt, dass sich drei Personen in Vollzeit ganz dem Unternehmen widmen können. Wir haben dadurch sehr frei die Möglichkeit, unsere Ideen weiterzuentwickeln – ohne dabei einen immensen Druck zu haben, Umsätze generieren zu müssen, um etwa am Ende des Monats die Miete bezahlen zu können.

Du bist nun nicht mehr Student, sondern Geschäftsführer eines Unternehmens. Was ist das für ein Gefühl, du bist ja auch noch recht jung.

Das stimmt, ich bin jetzt 26. Ich würde sagen, dass das Schönste daran ist, eine gewisse Freiheit zu haben und eine eigene Vision entwickeln zu können. Sich selbst also zu fragen, was man vom Leben will und in der Ableitung daraus ein Unternehmen aufzubauen, das mit den eigenen Werten und Vorstellungen kompatibel ist. Das empfinde ich als ganz große Freiheit.

Mitarbeitende ÖkoVision

Mehrwert: Mitgliedschaft bei HESSENMETALL Nordhessen

Ihr seid seit ein paar Monaten auch Mitglied im Arbeitgeberverband HESSENMETALL. Was ist hier der entscheidende Vorteil für euch?

Nun, wir haben keinen Jurastudenten im Team, und Dr. Google ist auch nicht immer der beste Ansprechpartner (lacht). Die im Verband vorhandene Kompetenz und Leistung im Bereich Arbeits- und Sozialrecht war sicherlich der entscheidende Punkt für uns. Allein in Bezug auf die Gestaltung von Arbeitsverträgen sehe ich das als ganz großen Mehrwert.

Kommen wir noch einmal zurück zu eurem Kerngeschäft. Ihr habt mittlerweile Aufträge aus den verschiedensten Branchen. Gibt es für bestimmte Branchen besondere Herausforderungen oder kann auch mal eine Blaupause herhalten?

Nehmen wir das Beispiel Energiespeicher. Jedes Unternehmen muss sich fragen, ob sich das rechnet oder nicht. Bei solchen Themen reicht es nicht, sich am Ende den Gesamtstromverbrauch anzusehen, sondern es geht ganz stark darum, wann wieviel Strom erzeugt und wann wieviel verwendet wird, wie hoch die Lastspitzen sind etc.. Das ist ein relativ komplexer Prozess. Und da muss sich jedes Unternehmen fragen, was die individuellen Thematiken sind, die man hat. Das kann man also nicht über einen Kamm scheren, sondern muss mit jedem Kunden gemeinsam ein Konzept entwickeln und dann auch betreuen, um bestmöglich für die Zukunft ausgestellt zu sein. Unsere Vorgehensweise ist: Grobanalyse, Realisierung, Feinanalyse, dann Automatisierung.

KI-unterstützte Softwarelösung

Künstliche Intelligenz ist dabei auch für euch ein Thema. Auf welche Daten greift ihr dabei zurück? Wie nutzt ihr das?

Die meisten Unternehmen kennen das: Es gibt unfassbar viele Datenpunkte. Die werden irgendwo aufgesammelt, aber zu einem großen Teil überhaupt nicht verarbeitet oder genutzt. Wir nehmen im Endeffekt erstmal die bestehenden Datenpunkte zum Thema Stromverbrauch auf oder, falls erforderlich, auch noch zu weiteren Themen. Diese speichern wir möglichst in Echtzeit. Das nutzen wir, um Ende darauf entsprechende Algorithmen laufen zu lassen, die für die jeweilige Anwendung passend sind. Aber erstmal geht es natürlich um Anomalien, um Auffälligkeiten. Und wir lernen unser System immer mehr an mit den uns zur Verfügung stehenden Daten.

Blicken wir mal weiter nach vorn: Wo seht ihr euch in drei, vier Jahren?

Für mich persönlich wünsche ich mir, dass ich dann einfach mal wieder etwas tiefer durchatme und mehr innere Ruhe auf das Ganze gefunden habe, weil der Aufbau des Unternehmens dann vielleicht nicht mehr so volatil ist wie heute noch. Wahrscheinlich wird aber jemand, der das liest und selbst Erfahrung hat, nur den Kopf schütteln und sagen: Das wird in zehn Jahren noch genauso sein.

Für das Unternehmen wünsche ich mir, dass wir eine wirklich schöne und tolle Unternehmenskultur aufbauen, in der sich alle Mitarbeitenden wohl fühlen und in der aber natürlich auch alle produktiv arbeiten und vor allem die Kunden im Mittelpunkt stehen.

Logo ÖkoVision

Letzte Frage: Was machst du in deiner Freizeit?

Ich spiele Handball und bin auch im Verein engagiert. Da möchte ich gern auch aus kaufmännischer Sicht noch etwas reißen, darüber würde ich mich sehr freuen. Wenn ich später mit meinen Kindern in die Halle laufe und die ist dann auch voll.

 

CEO im Interview: Unser Fragebogen
Viele hundert Mitgliedsunternehmen mit zehntausenden Beschäftigten – das hat das Netzwerk des Arbeitgeberverbands HESSENMETALL Nordhessen und des Unternehmerverbands Nordhessen zu bieten. Hinter diesen Zahlen stehen starke Frauen und Männer an der Spitze dieser Unternehmen. Ihnen haben wir mit der Rubrik „CEO im Interview“ ein besonderes Format eingeräumt. Sie waren noch nicht dabei? Hier können Sie das Formular ausfüllen.

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