Aktueller Fall

AU-Bescheinigungen per Telefon und Beweiswert des „gelben Scheins“

Am 07.12.2023 hat der gemeinsame Bundesausschuss die Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie dahingehend geändert, dass Patienten mit leichten Erkrankungen nach nur telefonischer Rücksprache mit ihrem Arzt eine Bescheinigung auf Arbeitsunfähigkeit (AU) bis maximal sieben Tage ausgestellt bekommen, soweit eine Videosprechstunde nicht möglich ist. Voraussetzung ist aber, dass der Patient dem Arzt persönlich bekannt ist.

Die Vorgaben des G-BA sind für Kassenärzte bindend.

Arbeitnehmer müssen daher nicht Arztpraxen aufsuchen, können sich aber gleichwohl arbeitsunfähig melden, müssen nicht arbeiten und Entgeltfortzahlung beziehen.

Für den Arbeitgeber stellt sich hier die Frage, welchen Beweiswert eine ärztliche AU überhaupt noch haben kann, wenn der Arzt den Patienten nicht gesehen und untersucht hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes kommt der ordnungsgemäß ausgestellten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von vornherein ein hoher Beweiswert zu. Diesen Beweiswert muss der Arbeitgeber erschüttern, wenn er die Arbeitsunfähigkeit bestreiten will.

Hierfür braucht der Arbeitgeber aber Anhaltspunkte, um die Arbeitsunfähigkeit des Beschäftigten rechtlich relevant erschüttern zu können.

Da die telefonische „Untersuchung“ nun wieder – mit Einschränkungen – zulässig ist, wird der Umstand allein, dass die AU-Bescheinigung nur aufgrund einer telefonischen Anamnese erfolgt ist, kaum zu erschüttern sein. Hierzu bedarf es – wie bisher auch schon – anderer Anhaltspunkte, wie z.B. der Ankündigung des Beschäftigten, krank zu sein, wenn ein Urlaub nicht gewährt wird, das Arbeiten während der AU etc.


RA Jörg Hermann

Geschäftsführer | Fachanwalt für Arbeitsrecht

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