Ich kann mir vorstellen, dass diese Perspektive auch für deine Arbeit bei HESSENMETALL wertvoll ist.
Auf jeden Fall. In unserem Arbeitsalltag müssen wir so viele Interessen unter einen Hut bringen, dass es wichtig ist, von möglichst vielen Bereichen, die uns betreffen, einen realistischen Eindruck zu haben.
Würdest du deinen Job demnach als abwechslungsreich bezeichnen?
Ich würde sagen, dass mein Aufgabenbereich breit aufgestellt ist, was auch meine Intension war, als ich mich für das Jurastudium und dann mein Fachgebiet entschieden habe. Das Schöne ist, dass ich in meiner Arbeit von Anfang an in Entscheidungsprozesse eingebunden bin und Arbeitsverhältnisse mitgestalten kann, in die ich zusätzlich über all die Jahre an vielen Stellen Einblicke sammeln konnte. Besonders viel Spaß machen mir außerdem unsere Schulungen zu Rechtsfragen- und -themen, die wir für unsere Mitgliedsunternehmen anbieten, um Abstraktes greifbar zu machen – und natürlich auch die Leitung von Arbeitskreisen.
Womit wir wieder bei der Arbeit sind, die nah am Menschen ist.
Richtig, das sind zusätzliche Aspekte in dem Bereich, die ich an der Verbandsarbeit schätze. Dazu gehört auch die soziale Komponente, die sich außerdem in meinen themenrelevanten Ehrenämtern widerspiegelt, oder auch in meiner Tätigkeit für die Berufsgenossenschaft und in der Zusammenarbeit über den Verwaltungssauschuss des Arbeitsamts in Offenbach. Es ist entscheidend, die Leute, mit denen man im Berufsalltag zusammenarbeitet gut zu kennen. Hinsichtlich Schulungen ist mir während der Pandemie übrigens noch klarer geworden, wie wichtig die persönliche Note ist. Wir konnten ja über Nacht nichts mehr in Präsenz abhalten und sich untereinander gut zu kennen, war ein klarer Vorteil, um die soziale Distanz in Online-Veranstaltungen zu minimieren.
Was würdest du denn sagen, hat deine Arbeit in den letzten Jahrzehnten besonders geprägt – neben der Pandemie?
Der „Wandel vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmerarbeitsmarkt“. Als ich damals bei HESSENMETALL angefangen habe, hatten wir 4,5 Millionen Arbeitslose in Deutschland, was sich ja zum Glück geändert hat. Für Arbeitgeberinnen und -geber bringt das natürlich ganz andere Herausforderungen mit sich, wenn sich Arbeitnehmerinnen und -nehmer ihren Arbeitsplatz nahezu aussuchen können. In dem Zusammenhang sehe ich auch die Bedeutung der „Work-Life-Balance“ als besonders einschneidend, um attraktive Arbeitsplätze anzubieten – was sich auch im Teilzeit- und Befristungsgesetz ausdrückt, oder hinsichtlich Erziehungsurlaub und Elternzeit. Ansonsten ist das Entgelttarifabkommen (ERA) von 2004 sowie der entsprechende Arbeitnehmerschutz sicherlich ein entscheidender Meilenstein, insbesondere seit der Vereinheitlichung hiervon in Europa und selbstverständlich unsere treue Begleiterin – die Digitalisierung.
Was sind die größten Veränderungen, die du in deinem Job in Bezug auf die Digitalisierung wahrnimmst?
Die verhältnismäßig extreme Beschleunigung in der juristischen Arbeit insgesamt, wie in allen Bereichen des Lebens, die veränderte Kommunikation mit verschiedenen Kontaktpersonen und Akteurinnen und Akteuren – auch mit den Gerichten selbst zum Beispiel – und kommende Innovationen, wie die geplante elektronische Gerichtsakte. Ansonsten natürlich auch bei uns in täglichen Abläufen und auch wieder in unserem Schulungsangebot. Präsenz- und Online-Veranstaltungen stehen beide im Programm und wir erhalten aktuell dreimal so viele Anfragen für virtuelle Angebote wie für Termine vor Ort. Inhouse-Schulungen im Unternehmen selbst werden auch immer beliebter. Die Arbeitswelt und die Arbeitsweise als Ganzes ist einfach eine andere geworden in den letzten Jahren.
Wie blickst du in die Zukunft?
Mit Spannung! Ich denke, die Ausweitung und die noch gesteigerte Relevanz der IT-Industrie und die Verschmelzung mit Metall und Elektro werden uns in Atem halten. Hier meine ich auch die Fortschritte und Auswirkungen von künstlicher Intelligenz und Automatisierungsprozessen. Auch die Positionierung von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden in diesem radikalen Wandel bleibt eine Herausforderung, vor allem im Kampf um Fachkräfte und in Hinblick auf unsere Hürden insgesamt, die uns weiter begleiten – struktureller, ökologischer und digitaler Wandel – mit fließenden Grenzen. Wir sind mitten drin!
Jörg Hermann arbeitet seit dem 15. November 1997 als Jurist in der Bezirksgruppe Offenbach und Osthessen von HESSENMETALL. Inzwischen ist er Leiter der Rechtsabteilung und stellvertretender Geschäftsführer. Am 01.01.2024 wird er Geschäftsführer der Bezirksgruppe und tritt die Nachfolge von Joachim Jungbluth an.