BEZIRKSGRUPPE

Mittelhessen

Rechtstipp Mai 2023

Erfolgreiche Zustimmungsersetzung zur Versetzung einer Mitarbeiterin aus dem BEM-Team in die Personalabteilung

Die Ausgestaltung des BEM-Verfahrens ist oft ein Streitpunkt zwischen unseren Mitgliedsunternehmen und deren Betriebsräten. Neben der Einrichtung einer Vielzahl von Kontroll- und Beteiligungsrechten fordern die Betriebsräte regelmäßig, dass keine oder nur einzelne Mitarbeiter der Personalabteilungen mit der Durchführung eines BEM-Verfahrens betraut werden. Dies findet seine Begründung in der Befürchtung, die Mitarbeiter der Personalabteilung würden die erhobenen Gesundheitsdaten zu anderen Zwecken, bspw. der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, verwenden. Dem Arbeitgeber ist hingegen zumeist an einem unkomplizierten BEM-Verfahren gelegen, das zu keinen unnötigen Einschränkungen in der Personalplanung führt. Genau in diesem Spannungsfeld bewegte sich das Verfahren, das wir in den vergangenen Monaten mit unserem Mitgliedsunternehmen vor dem Arbeitsgericht bestritten haben.

Gegenstand des Verfahrens war die Zustimmungsersetzung zu der Versetzung einer Mitarbeiterin in die Personalabteilung. Die Mitarbeiterin war zuvor als Mitglied eines sog. BEM-Teams hauptsächlich für die Durchführung und Betreuung von Verfahren zur betrieblichen Eingliederung gem. § 167 Abs. 2 SGB IX zuständig und sollte zukünftig in der Personalabteilung eingesetzt werden. Im Rahmen der BEM-Verfahren hatte die Mitarbeiterin jeweils eine Vertraulichkeitserklärung abgegeben und sich zum Stillschweigen verpflichtet.

Nachdem das Mitgliedsunternehmen den Betriebsrat zu der Versetzung angehört hatte, äußerte dieser seine Bedenken und widersprach der geplanten Versetzung. Wie bereits angedeutet stand hierbei die Befürchtung im Vordergrund, dass die Mitarbeiterin die im Rahmen der BEM-Verfahren erlangten vertraulichen Informationen zum Nachteil der Arbeitnehmer verwenden werde. Er sah in der Versetzung außerdem einen automatischen Verstoß gegen die im Rahmen der BEM-Verfahren abgegebenen Vertraulichkeitserklärungen.

Mit diesen Einwendungen konnte der Betriebsrat jedoch nicht durchdringen. Das Gericht schloss sich vollumfänglich unseren Ausführungen im Verfahren an und ersetzte die Zustimmung des Betriebsrates durch Beschluss.

Das Gericht bestätigte unsere Auffassung, nach der die abstrakte Möglichkeit, Informationen, die eine Mitarbeiterin im Rahmen einer besonderen Vertrauensstellung erlangt hat, in einer anderen Position nachteilig verwenden zu können, keine Zustimmungsverweigerung begründen kann. Ein anderes Verständnis schränkt die Berufsausübungsfreiheit der beteiligten Mitarbeiter nach Art. 12 GG in unangemessener Art und Weise ein. Das Gericht wies in seiner Begründung zudem darauf hin, dass wenn man der Auffassung des Betriebsrates folgen wolle, der Maßstab für alle Arten von Vertrauenspersonen und somit auch für Mitglieder des Betriebsrates angewendet werden müsse. Eine frühere Mitgliedschaft im Betriebsrat würde so eine zukünftige Tätigkeit in der Personalabteilung dauerhaft ausschließen. Dies könne der Betriebsrat nach Ansicht des Gerichts selbst nicht ernsthaft vertreten. Das Gericht deutete jedoch an, dass ein Widerspruch zulässig sein könnte, wenn ein konkreter, auf Tatsachen begründeter Verdacht einen künftigen Datenschutzverstoß für möglich erscheinen lässt.

Der bloße Funktionswechsel einer Person könne jedoch keinen Datenschutzverstoß begründen. Ein solcher könne allenfalls dann in Betracht kommen, wenn Anhaltpunkte dafür vorliegen, dass die Person die ihr anvertrauten personenbezogenen Daten datenschutzrechtlich nicht korrekt gehandhabt hat.
Die Entscheidung ist zu begrüßen. Nicht nur erteilt sie dem Vorurteil eine klare Absage, der Arbeitgeber verwende die im Rahmen eines BEM-Verfahrens erhobenen Daten gegen seine Mitarbeiter. Vielmehr zeigt sie auch die Grenzen des Datenschutzrechts auf. Dieses schützt zwar das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Mitarbeiter, stellt hingegen keine absolute, unüberwindbare Schranke bei einer Versetzung dar. Bei personellen Einzelmaßnahmen sind auch grundrechtlich geschützte Interessen Dritter, wie bspw. die Berufsausübungsfreiheit, zu berücksichtigen.

 

RA Mathias Heinz

Syndikusrechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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