Charisma kann man lernen!

Fakten-Check: Führungsmythen – Online-Lunch-Talk mit Professorin Gerpott

Text: Talisa Dean

Am 22.05.2024 hat das HESSENMETALL Netzwerk Frauen in Führungspositionen (HMFF) gemeinsam mit Professorin Fabiola H. Gerpott einen Online-Lunch-Talk zu Führungsmythen veranstaltet. Gerpott ist eine der „40 führenden HR-Köpfe in Deutschland 2023“ und Inhaberin des Lehrstuhls für Personalführung an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Düsseldorf. In ihrer interaktiven Session für das Netzwerk räumte sie auf Basis aktueller internationaler Studien mit Vorurteilen und Glaubenssätzen hinsichtlich erfolgreicher Führungsstile auf. Neben einer Einführung zum Forschungshintergrund, relevanten Erkenntnissen zu Persönlichkeitsmerkmalen, rhetorischen Techniken, zielgruppenorientierter Kommunikation sowie zu sozialen Strategien, konzentrierte sie sich auf die Aufklärung von weitverbreiteten Irrtümern. „Zum Beispiel hängt Extraversion – was Persönlichkeitsmerkmale betrifft – mit der Wahrscheinlichkeit zusammen, Führungskraft zu werden, Intelligenz ist jedoch entscheidender“, so Gerpott. Für viel Aufmerksamkeit sorgte unter anderem der Führungsmythos zu Charisma – das man laut Forschungsergebnissen eben doch gut lernen und trainieren kann. „Charisma ist keine magische Eigenschaft, mit der man geboren wird, sondern vielmehr ein Kommunikationsstil. Maßgeblich ist hierbei vor allem die Fähigkeit, andere vom eigenen Anliegen zu überzeugen und abzuholen“, erklärte Gerpott. Durch die Verlagerung vieler Veranstaltungen und Meetings in den Online-Bereich – insbesondere seit der Pandemie – profitiere die Wissenschaft von besserem Datenzugang zum Forschungsgegenstand.

Der eigene authentische Stil

Im weiteren Verlauf des Lunch-Talks ging Gerpott zudem auf Forschung zur Rolle von Geschlecht, Alter und vermeintlich generationsbedingten Unterschieden in Bezug auf erfolgreiches Management ein. „Die berühmtberüchtigte Stutenbissigkeit, von der bei weiblichen Führungskräften oder weiblichen Teams gerne die Rede ist, konnte im internationalen Vergleich so nicht generell nachgewiesen werden! Im Gegenteil, Forschung aus Südamerika, die nicht nur auf Anekdoten beruht, sondern Daten im Längsschnitt und quasi-experimentell auswertet, zeigt: Wenn Frauen an die politische Macht kommen, dann steigt im Anschluss auch die Zahl der Top- und Mittelmanagement-Positionen, die mit Frauen besetzt werden. Weiterhin zeigt die Forschung, dass die Wirkung von Frauen in Führungspositionen als Rollenmodelle nicht zu unterschätzen ist. Auch deshalb unterstütze Gerpott Netzwerke, wie das HESSENMETALL Netzwerk Frauen in Führungspositionen (HMFF), gerne. Im weiteren Verlauf thematisierte Gerpott die zusätzliche Herausforderung für weibliche Führungskräfte – im Vergleich zur wahrgenommenen Führungskompetenz von Männern – einen Führungsstil zu finden, der von anderen als kompetent und durchsetzungsfähig empfunden wird. „Vor allem bei Frauen in Führungspositionen kommt es auf eine gute Balance zwischen sozialem bzw. nahbarem Verhalten und der passenden Dosis Dominanz an.“ Dennoch war es Gerpott wichtig, zu betonen, dass geschlechterspezifische Trainings keine Patentlösung sind. Vielmehr gehe es um den eigenen authentischen Stil und das Mindern von strukturellen Problemen, die Frauen benachteiligen. „Auch hier kann ich nur empfehlen, sich Verbündete zu suchen – und zwar weibliche und männliche, um Benachteiligung auszugleichen, Communitys zu vernetzen und gemeinsam Veränderung zu bewirken.“

Im letzten Teil der Veranstaltung informierte Gerpott zu Irrtümern hinsichtlich generationsbedingter Unterschiede, die häufig als zentrale Herausforderung in Führungsfragen angeführt werden. „Es gibt größere Unterschiede innerhalb einer Generation als zwischen verschiedenen Generationen“, sagte Gerpott. Auch bei diesem Themenbereich hob sie die Bedeutung von Persönlichkeit und Fähigkeiten hervor. „Unter anderem deshalb sind diverse Teams auch nicht automatisch besser und nicht unbedingt schlechter als andere. Bedeutend ist, wie das Team in Kombination mit verschiedenen Persönlichkeiten und Skills zusammenarbeitet.“

Hintergrund

Prof. Fabiola H. Gerpott ist Inhaberin des Lehrstuhls für Personalführung an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Düsseldorf. Ihre Mission ist es, mittels harter Daten evidenzbasierte Impulse für weiche Themen der neuen Arbeitswelt zu geben. Mit diesem Ansatz berät sie Führungskräfte verschiedener Branchen (z.B. Produktion, Mobilität, Consulting) und treibt in ihrer Forschung aktuelle Themen zu „Frauen in Führung“ und „Führung in Zusammenarbeit mit KI“ voran.


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Katja Farfan

Leiterin Digitales, Technologietransfer und Startups

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