„Wir liefern erstklassige Schärfe“

Chef-Interview: Uwe und Marco Zimmer vom Familienunternehmen Gustav Göckel in Darmstadt sorgen mit ihren Präzisions-Schleifmaschinen weltweit für schärfste Werkzeuge und Messer in Industriemaschinen

Das Darmstädter Familienunternehmen Göckel mit 90 Mitarbeitern ist bei Maschinenbauern in der ganzen Welt bekannt als innovativer Hersteller hochwertiger Präzisionsschleifmaschinen. aktiv erfuhr im Gespräch mit den Geschäftsführern Uwe und Marco Zimmer, wo überall diese Maschinen im Einsatz sind und für exzellente Schärfe sorgen.

Vater und  Sohn: Uwe und Marco Zimmer (links) mit einem Elektromagnet-Tisch, Herzstück der Maschinen.

Wirtschaftszeitung Aktiv vom 15. November 2025

Der Name Göckel steht für Präzisions-Schleifmaschinen und die sind in der ganzen Welt gefragt. Wofür werden die benötigt?

Uwe Zimmer: Die werden gebraucht, wenn Messer wirklich scharf sein müssen. Dabei reden wir nicht über Küchenmesser, sondern über Werkzeuge zum Schneiden oder auch Zerkleinern von den unterschiedlichsten Materialien in den Produktionsprozessen der Industrie. Solche Werkzeuge werden auf unseren Maschinen geschliffen. Wenn Sie so wollen, liefern wir mit unseren Maschinen erstklassige Schärfe.

Wo wird die Schärfe gebraucht?

Marco Zimmer: Bei der Verarbeitung von Stahl, Glas, Keramik, Leder, Holz und vielem mehr. In der Medizintechnik, beim Verarbeiten von Lebensmitteln und rund um die Verarbeitung von Papier, etwa bei  Verpackungen, Taschentüchern, Toiletten- und Zigarettenpapier. Auf modernen Maschinen werden heute pro Minute bis zu 18.000 Zigaretten produziert, alle exakt gleich. Das gelingt nur mit einem scharfen Messer, das immer wieder nachgeschliffen wird. Idealerweise dann auf einer Maschine von uns.

Wodurch heben Sie sich vom Wettbewerb ab?

Uwe Zimmer: Bei unseren Maschinen bewegt sich der Schleifkopf, ein zu schleifendes Werkstück steht still. Selbst bei sehr großen Werkstücken erreichen wir dadurch eine außergewöhnlich hohe Präzision. Mit unserer Technologie kann man anspruchsvollste Schleifaufgaben bewältigen. Wir bieten maßgeschneiderte Lösungen, perfekt auf den Bedarf abgestimmt. Durch den technischen Fortschritt ergeben sich für unsere Maschinen immer wieder neue Einsatzmöglichkeiten.

Hier sprühen Funken: Schweißer fertigt ein Schleifbett aus Stahl, auf das später der Schleifwagen montiert wird.

Haben Sie dafür ein Beispiel?

Marco Zimmer: In den 1970er Jahren begann man in Deutschland Müll zu trennen. Daraus hat sich eine ganz neue Branche entwickelt, nämlich die Recyclingindustrie. Die ist für uns inzwischen ein wichtiger Zukunftsmarkt. So stecken zum Beispiel in einem Schredder zum Zerkleinern von Kunststoff 240 Messer, die regelmäßig nachgeschliffen werden müssen. Und mal schauen, welche Entwicklungen es noch geben wird.

War es für Sie selbstverständlich, die Firma weiterzuführen?

Uwe Zimmer: Ja. Am 6. September 1883 wurde Theo geboren, der erste Sohn von Gustav Göckel. Noch am gleichen Tag gründete Gustav seine Firma in der Hoffnung, dass die einmal mit Theo weitergeht. Dafür wollten dann später auch mein Bruder Steffen, der leider schon verstorben ist, und ich gerne sorgen. Und ich finde es toll, dass nun meine Söhne Sören und Marco Göckel in die Zukunft führen möchten. Mein Vater Hans Kurt Zimmer sagte immer, die ganz Alten – damit meinte er den Firmengründer Gustav Göckel und dessen Söhne Theodor und Ludwig Göckel - werden sich freuen, dass es weiter geht. Und heute freue ich mich, dass mit Sören und Marco nun schon die fünfte Generation in der Verantwortung steht.

Marco Zimmer: Wie viele Unternehmerkinder sind auch wir mit der Firma groß geworden. Aber es gab nie den Zwang, hier einzusteigen. Deshalb konnten wir wohl beide gut ja sagen. Mein Bruder ist hier heute verantwortlich für den Vertrieb. Ich bin gelernter Industriemechaniker und war sechs Jahre als Servicetechniker in der ganzen Welt unterwegs. Als bei Göckel ein Meister ausfiel, hat mich mein Vater gebeten einzusteigen. Ich begann als Montageleiter, bildete mich weiter und bin nun in der Geschäftsleitung. Am Ende ist es vielleicht doch der Geist unserer Vorfahren der meinen Vater und nun auch mich antreibt.

Ist Nachhaltigkeit auch bei Ihnen im Haus ein Thema?

Marco Zimmer: Natürlich. Beim Energie sparen, Photovoltaik und vielem mehr sind auch wir gut dabei. Unabhängig von all dem sind unsere Maschinen auf Langlebigkeit und höchste Effizienz ausgelegt. Deshalb kaufen wir alte Maschinen zurück, restaurieren sie und bringen sie wieder in den Markt. Manche davon waren mehr als 30 Jahre in Betrieb. Elektronik, Kabel und auch Lager fliegen komplett raus. Aber wichtige Bauteile wie Tisch und Schleifwagen sind aus hochwertigem Stahl gefertigt und werden aufbereitet. Auch das ist eine gute Form von Nachhaltigkeit. Die generalüberholten Maschinen stehen für Göckel-Qualität und kommen gut an. Ein ausländischer Kunde bekam tatsächlich mal Probleme mit dem Zoll, weil dort beim ersten Blick keiner glauben wollte, dass man eine gebrauchte Maschine vor sich hatte. Das konnten wir dann aber schnell klären.

7.000 Kilogramm am Haken: Hier wird der Schleifwagen einer  Maschine verladen.

Wie viele Ihrer Maschinen gehen in den Export und welche Rolle spielen Zölle?

Uwe Zimmer: Die Exportquote liegt bei über 70 Prozent. Wir haben Kunden in der ganzen Welt und unterhalten Servicezentren in den USA und in Thailand. Fast jede fünfte Maschine von uns geht in die USA. Früher haben wir die Maschinen schlüsselfertig und verzollt angeboten und geliefert. Aktuell wagen wir das nicht mehr, weil die Zollgebühren unkalkulierbar sind.

Was tun Sie, um in Deutschland noch wettbewerbsfähig produzieren zu können?

Uwe Zimmer: Auch bei uns geht es nur durch die Optimierung von Prozessen, die Digitalisierung und den ständigen Blick auf die Kosten. Uns hilft der Eigenfertigungsanteil von über 65 Prozent. Wir kaufen nur etwa ein Drittel der benötigten Teile zu. Alles andere produzieren wir selbst, vom Drehen, Fräsen und Schweißen bis zum Motorenbau und der Lackiererei. Hier im Werk stoßen wir allerdings an unsere Grenzen und planen deshalb einen Neubau außerhalb der Stadt.

Was stimmt Sie zuversichtlich?

Marco Zimmer: Unsere Maschinen selbst stimmen mich schon sehr zuversichtlich, da man sie eben in sehr vielen Branchen braucht. Unsere Märkte sind noch längst nicht ausgereizt. In 142 Jahren gab es viele Höhen und Tiefen. Im Zweiten Weltkrieg starben allein am 11. September 1944 in Darmstadt mehr als 20.000 Menschen und die Stadt wurde zum Trümmerhaufen. Auch unsere Fabrik war nur noch Schutt. Aber Theo Göckel baute sie wieder auf. Sein Mantra war: Es geht immer weiter. Und das motiviert auch mich.

Warum ist Ihr Unternehmen Mitglied bei HESSENMETALL?

Marco Zimmer: Weil es schon immer so war? Diesen Satz mag ich gar nicht, aber in diesem Fall stehe ich dazu. Göckel ist wirklich schon sehr lange Mitglied bei HESSENMETALL und diese Mitgliedschaft stellt hier auch niemand in Frage. Die sehr gute arbeitsrechtliche Betreuung ist sicher ein ganz wichtiger Punkt dabei. Aber darüber hinaus bietet der Verband ein tolles Netzwerk. Klar kostet es Zeit, zu den Veranstaltungen zu gehen, aber die ist gut investiert und es lohnt sich immer. Man erfährt Neues, lernt dazu, kommt in Austausch mit anderen Unternehmern und kann Kontakte knüpfen.

Zum Senior:

Uwe Zimmer, geboren 1959 in Jugenheim (Rheinland-Pfalz)

  • Ausbildung zum Bankkaufmann, anschließend Wehrdienst bei der Bundeswehr.
  • 1981 Einstieg bei Gustav Göckel als Einkäufer
  • 2000 Uwe und Steffen Zimmer (+2017) übernehmen gemeinsam die Geschäftsleitung
  • Seit Januar 2025 gemeinsame Geschäftsführung mit Marco Zimmer

 

Zum Junior:

Marco Zimmer, geboren 1986 in Heppenheim

  • 2002 Ausbildung zum Industriemechaniker bei Carl Schenck in Darmstadt, Übernahme als Servicetechniker
  • 2011 Einstieg als Meister und Montageleiter bei Göckel
  • 2012 Betriebsleiter, später berufsbegleitend Weiterbildung zum Betriebswirt
  • Seit Januar 2025 Mitglied der Geschäftsleitung

 

 

Interview: Maja Becker-Mohr // Fotos: Gerd Scheffler

Kontakt

Gustav Göckel Maschinenfabrik GmbH
Mornewegstraße 37-39

64293 Darmstadt

 

  +49 (6151) 8 83 36 – 0
  info@g-goeckel.de 

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