CEO-Interview mit Julia Reichert

Julia Reichert zeigt eine neue Montagehilfe, mit der man schnell zwei Komponenten zusammenfuegen kann

Wirtschaftszeitung Aktiv vom 18. Dezember 2021

 

Chef-Interview Julia Reichert vom Familienunternehmen Roemheld über neue Chancen

Laubach. Geht es um mehr Produktivität in der industriellen Fertigung, sind Maschinen und Systeme von Roemheld nicht weit. Denn das Unter­nehmen zählt zu den weltweit führenden Experten für effektive Lösungen in der Fertigungs-, Montage-, Spann- und Antriebstechnik.  aktiv sprach mit der geschäftsführenden Gesellschafterin Julia Reichert über die sich gerade wandelnden Antriebstechniken und auch über ihren persönlichen Antrieb in dem traditionsreichen Haus.

 

Frau Reichert, wofür braucht man Produkte von ROEMHELD?  

Wir zählen zu den weltweit führenden Experten für effiziente Lösungen in der industriellen Produktion. Unser Angebot beginnt bei hochpräziser Spanntechnik, also dem Halten, Fixieren, Zentrieren und Positionieren von Teilen in Maschinen aber auch von Werkzeugen in Pressen oder Spritzgussmaschinen. Und es geht bis zur Antriebstechnik und kundenspezifischen Komplettlösungen für die Fertigungsautomation, etwa wenn man Teile zusammenfügt wie beim Einpressen von Kugellagern. Hohe Präzision können sie in der Fertigung nur erreichen, wenn auch Werkzeuge und das Einspannen von Teilen in Bearbeitungsmaschinen auf den Punkt genau stimmen. Ansonsten produziert man Ausschuss und ist von Qualität, Effizienz und einer ressourcenschonenden Fertigung weit entfernt.

Und das Herz der ROEMHELD Gruppe ist das Werk in Laubach?  

Ja. Unser Unter­nehmen geht zurück auf die 1707 hier gegründete Gießerei Friedrichshütte. Die pachtete 1870 Julius Römheld, einer meiner Vorfahren. Das war der Grundstein für die ROEMHELD Gruppe. Inzwischen haben wir 470 Beschäftigte, davon 320 in Laubach. Unsere Friedrichshütte ist immer noch in Betrieb und wir fertigen dort Gussteile, Einzelstücke und kleinere Losgrößen.

Warum sind Sie ins Familienunternehmen eingestiegen?  

Bevor ich 2013 hierherkam, habe ich gut überlegt. Schließlich will man es nach über 300 Jahren Erfolgsgeschichte gut machen. Ich habe großen Respekt vor der Leistung meiner Vorgänger und es überwiegen bei mir Freude und Dankbarkeit, dass ich ihnen folgen darf. Zudem hat jedes Unter­nehmen noch einen eigenen Geschäftsführer. Sie sind mir und meinem Bruder Philipp Ehrhardt eine große Stütze. Philipp kam 2018 dazu und ist als Ingenieur und geschäftsführender Gesellschafter verantwortlich für die Entwicklung.

Trifft Sie der Wandel in der Automobil-Industrie und Antriebstechnik?  

Sehr, da wir einen nicht unbeachtlichen Teil unseres Umsatzes über die Auto-Industrie erzielen. Aber wir sind auch in anderen Branchen gut unterwegs und bauen das aus. Es geht überall um effiziente Produktion und Qualität, ob bei Zahnimplantaten oder Windkraftanlagen. Auch neue Verbundwerkstoffe müssen bearbeitet werden. Zudem bauen wir unsere Montage- und Handhabungstechnik weiter aus. Dabei geht es um die Ausgestaltung von Arbeitsplätzen unter ergonomischen Gesichtspunkten. Noch immer müssen sich Mitarbeiter regelrecht verbiegen, um etwa eine Schraube festzudrehen. Montagefreundliche, ergonomische und passgenaue Vorrichtungen von uns können die Arbeit erleichtern, steigern die Effizienz und schützen die Gesundheit.

Wie digital ist ROEMHELD?  

Wir setzen auf die Digitalisierung und fertigen Komponenten für die Automation von Rüstvorgängen und die Maschinenkommunikation im Rahmen von Industrie 4.0. Trotz einer großen Entwicklungsabteilung kooperieren wir mit IT-Unter­nehmen zum Beispiel im Bereich Künstliche Intelligenz. Ein wichtiges Thema sind die Schnittstellen von den Komponenten zur gesamtautomatisierten Lösung. Wenn Sie zum Beispiel so eine schon beschriebene passgenaue Lösung mit Intelligenz versehen, stellt die sich dank Memoryfunktionen automatisch für den Mitarbeiter ein, der sich gerade übers System einloggt. Auch das steigert wieder die Effizienz.  

Was sind aktuell Ihre Herausforderungen?

Als ich damals anfing dachte ich nur: Bitte keine Krise – und sie kam schneller als gedacht. Corona ist das Grundrauschen. Da drauf liegt das Thema neue Antriebstechniken und die Abkehr vom Verbrennungsmotor kombiniert mit der Digitalisierung. Und inzwischen kämpfen wir auch noch mit den Lieferengpässen, die zum Teil politisch lanciert sind. Manche wissen eben, wie man Märkte lahmlegt und Wettbewerber ausschaltet. Made in Germany bekam Weltgeltung, weil wir wissen, wie man was aus Dingen macht. Forschung und Entwicklung hat unser Land schon immer vorangebracht. Aber man muss uns auch machen lassen und mehr fördern, statt über die Politik immer mehr Hürden wie Technologievorgaben oder auch andere Auflagen aufzubauen, während unsere Wettbewerber in anderen Ländern immer schneller zum Zug kommen. Auch asiatische Ingenieure haben inzwischen ein unglaubliches Bildungsniveau und die Menschen dort wollen weiterkommen, sich ein gutes Leben und Wohlstand erarbeiten. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Made in Germany in Asien an Bedeutung verliert.  

Warum sind Sie Mitglied von HESSEN­METALL?  

Warum wir, lange vor meiner Zeit, Mitglied bei HESSEN­METALL wurden, kann ich nicht sagen. Aber ich schätze heute die exzellente Expertise nicht nur bei arbeitsrechtlichen Fragestellungen, die wir beim Verband finden. Zudem bietet er ein hervorragendes Forum und eine gute Plattform für den Meinungsaustausch. Aus meiner Sicht entwickelt diese Gemeinschaft eine unglaubliche Dynamik für die Weiterentwicklung der Branche als Arbeitgeber im produzierenden Gewerbe. Gemeinsam kann man hier viel bewegen.

Falls Sie einen Wunsch frei hätten?

Da fällt mir eine Menge ein.  Trotz Corona und den damit einhergehenden Sorgen und Ängsten wünsche ich uns allen mehr Zuversicht. Deshalb: Gute Vibes, also gute Schwingungen für alle, damit wir mit Zuversicht ins Neue Jahr gehen.    

Text: Maja Becker-Mohr

 

Zur Person: Julia Reichert

  • Geboren 1980 in Gießen.
  • 2000/2004 Studium mit Abschluss an der Deutschen Sporthochschule Köln.
  • 2004/2007: Management- und Wirtschaftsstudium mit Abschluss an der Zeppelin University Friedrichshafen.
  • 2007/2012 Projektmanagerin bei Rolls-Royce Deutschland in Oberursel.
  • 2013 Einstieg bei Roemheld.
  • Seit 2016 Geschäftsführerin.

 

Kontakt

Römheld GmbH Friedrichshütte

Römheldstraße 1-5
35321 Laubach
   +49 (0) 6405 89-0
  +49 (0) 6405 89-211
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