„Wir verhindern gefährliche Luftlöcher“
Chef-Interview: Holger Zimmermann vom Maschinenbauer Hedrich in Ehringshausen über lupenreine Gießharz-Transformatoren für eine sichere Stromversorgung
Hedrich in Ehringshausen-Katzenfurt ist mit seinen 230 Beschäftigten weltweit führend bei Maschinen und Anlagen mit Vakuumtechnologie, die unerlässlich sind für den Ausbau der Stromnetze. Wie der weltweite Strombedarf die Geschäfte des Unternehmens beeinflusst, erklärt Geschäftsführer und CEO Holger Zimmermann im Interview bei einem Besuch im Unternehmen.

Wirtschaftszeitung Aktiv vom 23. August 2025
Herr Zimmermann, wie geht es Hedrich in diesen bewegten Zeiten, die geprägt sind von geopolitischen Verwerfungen und wirtschaftlicher Stagnation in Deutschland?
Während viele Unternehmen zu kämpfen haben und noch auf die Trendwende warten, geht bei uns entgegen dem Trend tatsächlich die Post ab. Unser Markt boomt und wir haben eine Auftragslage, wie ich sie in den fast 30 Jahren, die ich jetzt bei Hedrich arbeite, noch nicht erlebt habe.
Woran liegt das?
Als Folge der Digitalisierung braucht die ganze Welt immer mehr Strom. Sie giert geradezu nach elektrischer Energie. Und diese Energie soll sicher zur Verfügung stehen, damit Türen auf- und zugehen, Handys funktionieren und einfach alles Technische reibungslos läuft. Wir sind weltweit führend bei der Entwicklung und Produktion von Maschinen und Anlagen mit Vakuumtechnologie. Komponenten, die man damit herstellen kann, sind unerlässlich für den Ausbau der Stromnetze, für alternative Energiequellen und auch für die E-Mobilität. Zudem sind wir mit Niederlassungen in den USA und in Indien sowie einem Produktionsbetrieb im chinesischen Xiamen international gut aufgestellt. Das alles kommt uns gerade zugute.

Was sind das für Komponenten?
Das sind zum Beispiel Gießharztransformatoren. Die sind wichtig für die Stromverteilung im Mittel- und Hochspannungsbereich und können im Vakuum sozusagen lupenrein hergestellt werden. Sie müssen frei sein von Lufteinschlüssen, Fehlstellen oder auch Feuchtigkeit, damit es später nicht zu Kurzschlüssen und damit zu einem Brand in Umspannwerken oder Trafoanlagen kommt, wodurch der Strom ausfallen würde. Diese Qualität lässt sich nur im Vakuum erreichen. Das technologische Leistungsspektrum reicht dabei vom einfachen Zehn-Kilovolt-Isolator bis hin zu Transformatoren mit der Höchstspannung von 1.200 Kilovolt und einer Leistung von 1.000 Mega-Voltampere. Für die Herstellung von Bauteilen in dieser Größenordnung sind wir sogar der einzige Anlagenanbieter weltweit.
Wo kommen Ihre Anlagen noch zum Einsatz?
Unsere Anlagen sind auch gefragt, wenn es um die Miniaturisierung von elektronischen Geräten geht oder um die Verarbeitung von Verbundwerkstoffen, wie etwa bei der Herstellung von Rotorblättern für Windkraftanlagen aus Glasfasern und Epoxidharz. In einem Rotorblatt können bis zu 15 Tonnen Epoxidharz stecken, das entgast und unter Vakuum in die Rotorblätter gegossen wird. Auch hier wären Luftblasen im Harz fatal, da sie zu vorzeitiger Materialermüdung und sogar zum Bruch des Rotorblattes führen können. Um noch mehr auf die Verarbeitung aller Arten von Gießharzkomponenten reagieren zu können, haben wir gerade unsere „smartLine“ auf den Markt gebracht, ein hochflexibles und einfach zu bedienendes Vergusssystem im Baukastenprinzip für nahezu jede Anwendung. Da steckt alles drin, um Harz aufzubereiten, zu dosieren und unter Vakuum zu verarbeiten.
Wie digital ist Hedrich schon unterwegs?
Was digital möglich ist, haben wir bereits umgesetzt, sofern es für uns Sinn macht. Schichtpläne und Urlaubsanträge gibt es nur digital, Konstruktionspläne werden in der Fertigung über Touchscreen-Computer ebenso eingesehen wie Lagerkapazitäten, Lieferstände und einzelne Fertigungsschritte. Per Fernwartung können zudem Betreiber am anderen Ende der Welt beim Fahren ihrer Anlagen begleitet werden. Alle zwei Wochen treffen sich bei uns Geschäftsleitung, IT-ler und Kollegen aus anderen Abteilungen, um weitere Ideen zu entwickeln. Aktuell arbeiten sie am Einsatz von künstlicher Intelligenz zum Optimieren von Prozessen oder auch, um - Stichwort Wissenstransfer - über Interviews von Chatbots das Wissen und Können der Teams im Unternehmen zu halten.

Sie wurden neun Jahre in Folge als Top-Arbeitgeber ausgezeichnet. Wie schafft man das?
Obwohl wir inzwischen zu einem Private Equity-Unternehmen gehören, haben wir uns die familiäre Atmosphäre erhalten. Wir leben im ländlichen Raum, man kennt sich und man geht respektvoll miteinander um. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken haben wir schon vor Jahren eine Arbeitsgruppe Recruiting und Mitarbeiterbindung gebildet, in der ich auch mitarbeite. Hier werden Ideen für Aktionen und Veranstaltungen entwickelt, von Social-Media-Kampagnen bis zu kleinen Gimmicks und einer internen Lotterie. Wenn’s heiß ist, lassen wir einen mobilen Eiswagen kommen und pünktlich zum Start der Grillsaison bekam jeder ein Fässchen Bier mit Hedrich-Logo als Erinnerung an die Weihnachtsfeier in einer Brauerei. Das alles kommt an und ist ein Teil der Wertschätzung, die wir hier jedem versuchen entgegenzubringen.
Wie geht es bei Hedrich weiter?
Wenn alles klappt, gibt es bei uns bald wieder etwas Schönes zu feiern: Im Geschäftsjahr 2025/26 werden wir wohl erstmals die Umsatzmarke von 70 Millionen Euro knacken. Natürlich müssen wir viel tun und innovativ bleiben, um unsere Marktposition zu halten. Aber, wie eben schon gesagt: Die weltweite Gier nach Strom treibt unser Geschäft an. Überall wachsen die Rechenzentren, damit die Digitalisierung weiter voranschreiten und die künstliche Intelligenz Fahrt aufnehmen kann. Deshalb ist es mir vor der Zukunft nicht bang.

Zur Person:
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Interview: Maja Becker-Mohr // Fotos: Gerd Scheffler

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